Kreative Präsentation

Ich biete Seminare an Universitäten und Schauspielschulen, sowie freie Workshops zum Thema authentische Präsentation für Instrumentalisten, Sänger, Schauspieler und Sprecher an.

Die Situation

Wir alle kennen zwei Qualitäten von Kunst. Die eine vermag uns zu beeindrucken und ruft Bewunderung oder Kritik hervor. Die andere dagegen berührt uns auf eine Weise, die Worte verstummen lässt. Während erstere rasch in Vergessenheit gerät, gehören Momente der letzteren zu jenen, die wir ein ganzes Leben als unvergessen in uns tragen. Was den Unterschied beider Qualitäten ausmacht, scheint sich jeder Rationalisierung zu entziehen. Wir können die eine mit Technik oder Handwerk in Verbindung bringen, die andere bleibt mit Assoziationen wie Herz oder Authentizität im Dunstkreis eines kaum greifbaren Zaubers. Der Überfülle von Brillanz, Technik und Kunstfertigkeit im heutigen Kunstbetrieb stehen die magischen Momente wie kleine Oasen in einer bizarren Wüste gegenüber. So muss sich jedem künstlerisch tätigen Menschen die Frage stellen:

Ist das Erzeugen solch magischer Momente erlernbar?

Der Alltag des künstlerischen Daseins gibt eine entmutigende Auskunft. Statt des Zaubers erleben wir Widerstände in Form von technischen Problemen und Hemmungen. Wir leiden unter Lampenfieber und der Angst, dem allgegenwärtigen Leistungsanspruch nicht zu genügen. Wir erfahren Selbstzweifel, Frustration, Stress, Körpersymptome und sehen uns als Opfer einer unkontrollierbaren Situation. Und hin und wieder überfällt uns der Zauber wie ein unverdientes Geschenk und lässt uns ein wenig betäubt zurück…

Der Ansatz

Eine alte Schauspielregel lautet: »Gehe nie mit einem Kind oder Tier auf die Bühne«. Beide haben keine Technik, keinerlei Handwerk, dennoch sind diesem Zauber nur Meister gewachsen – wie Charlie Chaplin in seinem Film Tramp. Es gibt also Zauber ohne Technik und Technik ohne Zauber. Und selten eine glückliche Synthese beider Welten. Entsprechend gibt es zwei Quellen, aus denen der Kunstschaffende seine Kreationen schöpft:

Ich + Material = Kreation.

Material umfasst hierbei das Kunstwerk, die Technik und deren körperliche Grundlage. Es kann mit einem Schlauch verglichen werden, der etwas substantiell anderes, wie Wasser, von A nach B transportiert. Professionalität wird zur Brücke, welche die Lücken in unserer Authentizität zu überspannen erlaubt.

Wie groß ist die Kluft, die zu überbrücken ist? Warum ist all unser technisches Vermögen oft machtlos, wenn uns ein Kind in seiner Naivität berühren kann? Die Verwandlung durch den Zauber erfordert Berührung im eigentlichen Sinne. Sie erfordert, dass wir mit unserem »ICH« von der alltäglichen Ebene der Unterschiede, der technischen Differenzierung, auf die Ebene der Gleichheit gehen. Dennoch, so zeigt uns das Beispiel Tier, brauchen wir weder die vollständige Identifikation mit dem Publikum als Empfänger, noch mit der Künstleridentität. Das Tier spielt nicht, und Schweinchen Babe hat sogar die Multiple Identität Dutzender von Darstellern. Die Gefühle werden nicht übertragen, sondern projiziert. Um den Kopf (und mit ihm die emotionale Ebene!) zu erreichen, genügt offensichtlich eine erlernbare Signalfolge, wie Geisterbahnen, Techno und Virtual Reality beweisen. Um das Herz zu erreichen, brauchen wir eine bestimmte Intention, eine Haltung von Offenheit und Vertrauen, verletzlich und unangreifbar gleichermaßen.

Kreativer Ausdruck verlangt, dass du an einen Ort gehst, der jenseits von Gefühlen liegt.

Es geht nicht um das Ausleben eigener Prozesse.

Die Distanz des Kunstschaffenden zum eigenen Prozess fördert das Entstehen von Projektionsflächen, welche beim Publikum Emotionen wachrufen. Gerade diese Distanz zur eigenen Emotionalität kann die Voraussetzung schaffen, um in Verbindung mit jener Authentizität zu sein, welche Quelle der magischen Momente ist.

Die Methoden

Gewöhnlich trennt uns ein jahrzehntelanges Vermeidungstraining »verbotener« Verhaltensweisen mit der dazugehörigen allgegenwärtigen Kritik an unseren natürlichen Impulsen von der Authentizität des Kindes. Die Verletzungen, die wir erfahren haben, und die Selbstzweifel haben sich tief in unsere Körperphysiognomie und die funktionalen Abläufe unseres Muskelgeflechts eingegraben. Schutzmechanismen unserer Psyche haben sich zu komplexen Hemnissen unserer Spontanietät verselbständigt. Die tiefste körperliche Wurzel dieser Blockaden zeigt sich in der Atmung, die durch die Erfahrung ihrer ursprünglichen reflektorischen Selbststeuerung wieder zu ihrer natürlichen Ökonomie gelangen kann. Aus der natürlichen Atmung entfaltet sich eine Phonation, welche jene Resonanzbereiche verfügbar macht, die einer Stimme Tragfähigkeit und Ausdruckskraft verleihen, in der Rezitation wie im Gesang. Die psychische Bereitschaft, die Befreiung der körperlichen Funktionen zu erlauben, kann durch Anwendung der Prozessorientierten Psychologie nach Arnold Mindell gefördert werden. Verschiedene Methoden des Improvisationstheaters nach Keith Johnstone erlauben ein spielerisches Training der veränderten Verhaltensmuster.

Der Weg

Die bewusste Unterscheidung vom Persönlichen Ich und dem technischen Repertoire Material erlaubt eine gegenseitige Abstimmung beider Seiten. Auf der Seite des »Ich« wird eine Haltung von Vertrauen und der Verzicht auf hemmende Kontrollmechanismen erarbeitet, während das »Material« zum Werkzeug des Verwandlungsprozesses werden muss.

Arbeit am Ich

Das Freilegen unserer tiefsten Motivation, eine Bühne zu betreten, eröffnet uns den Zugang zu den Quellen von Angst und Schmerz, welche andererseits die körperlichen Blockaden nähren. Das Erfahren der Selbstorganisation psychischer und körperlicher Prozesse führt zu Vertrauen. Die Rolle von »Fehlern« wird neu ausgeleuchtet und diese von ihrer negativen Wirkung befreit. Statt der Angst zu versagen wird eine neue, positiv orientierte Intention auf der Bühne aufgebaut, welche dem »magischen Moment« den Weg bereitet.

Arbeit am Material

Über die Grunderfahrung einer physiologischen Atmung und Phonation hinaus wird Bewusstheit für die Gesamtheit der kommunizierten Signale geschaffen, die insbesondere auch unbewusste und »störende« Anteile einschließt. Dabei werden die verschiedenen Kanäle für Vermittlung und Wahrnehmung von Signalen isoliert und der bewusste Wechsel von Kanälen trainiert. Störungen werden aufgegriffen, erforscht und zur Transformation und Integration weiterentwickelt. Dadurch wird aus der Technik statt einem Komplex zur Vermeidung von Fehlern ein Repertoire, spontane Impulse zur Entfaltung zu bringen.

Die Ziele

Die Teilnehmer erfahren einen Zugang zu einem Zustand, der das Geschehen »magischer Momente« erlaubt. Damit erschließt sich die Fähigkeit, sich selbst und das Publikum zu verwandeln und die künstlerische Tätigkeit mit Freude und Erfüllung zu verbinden. Mit dieser Transformation der inneren Haltung geht die Auflösung geistiger und körperlicher Blockaden einher. Es entwickelt sich eine allgemeine Fähigkeit, Freiheit und Spontanietät zu erleben. Die Freisetzung des kreativen Potentials ist die Folge.

Je nach individueller Voraussetzung der Teilnehmer erlaubt dieser Workshop erste Schritte zu einer Bewusstheit über die Phänomene, die mit Präsentation verbunden sind. Vereinzelte Schlüsselerfahrungen können wegweisend sein und den persönlichen Entwicklungsprozess initiieren, der zur künstlerischen Reife führt.